Egon und das flauschige Chaos

Als Fotograf, Künstler und Geschichtenerzähler liebe ich es, die Grenzen der Fantasie auszuloten und mit meinen Arbeiten ungewöhnliche Geschichten zu erzählen. Neben meiner Fotografie schreibe ich auch Märchen, die ich auf meiner Facebook-Seite teile. Diese Geschichten entspringen meiner Leidenschaft, kleine und große Leser*innen in skurrile, humorvolle und magische Welten mitzunehmen – so wie die Geschichte von Carlos, der Ratte, und Tina, der Badematte.

Besonders am Herzen liegt mir, dass meine Märchen durch ihre Eigenwilligkeit überraschen und ein Lächeln auf die Gesichter zaubern. Mit Witz und Fantasie lasse ich Figuren lebendig werden, die in ihrer Ungewöhnlichkeit eine Botschaft tragen: Liebe, Leidenschaft und Abenteuer kennen keine Grenzen. Dabei kombiniere ich gerne verschiedene Kunstformen – von Stofftieren, die Geschichten greifbar machen, bis hin zu Fotografien, die Momente einfangen, die eine ganz eigene Geschichte erzählen.

 

Egon und das flauschige Chaos

Niemand wusste genau, woher Egon kam. Eines Morgens saß er einfach da – mitten auf Omas Schreibtisch, zwischen Nähzeug, einer halbvollen Tasse Kaffee und einem Notizbuch voller ominöser Kritzeleien. Sein Fell war ein wildes Durcheinander aus Blau und Braun, seine Ohren standen in alle Richtungen, und seine kleinen, blitzenden Augen sagten nur eins: „Ich habe Unfug vor.“

Oma starrte ihn an.

Egon starrte zurück.

„Was… zum Kuckuck… bist du?“ fragte Oma schließlich.

„Ich bin Egon. Ich wohne jetzt hier.“

Oma schob ihre Brille zurecht. „Ach ja? Und was machst du so?“

„Chaos.“

Und das stellte sich schneller heraus, als der Familie lieb war.

Schon am ersten Tag verschwanden sämtliche Kugelschreiber im Haus. Stattdessen fanden sich blaue und braune Fellbüschel an den seltsamsten Orten – im Brotkasten, in der Waschmaschine und sogar in Opa Werners Pantoffeln. Opa schwor, dass Egon sich teleportieren konnte, denn manchmal saß er noch auf dem Sofa, und eine Sekunde später hockte er grinsend auf der Lampe.

 

Egon das Kuschelmonster
Egon das Kuscheltier

Doch die seltsamste Veränderung betraf Lilly, die Katze der Familie.

Lilly war eine gemütliche, pelzige Diva, die ihre Tage mit Schlafen, Fressen und aristokratischem Ignorieren der Menschen verbrachte. Doch kaum war Egon eingezogen, begann sie im Schlaf zu bellen.

Anfangs dachte Opa, er hätte sich verhört. Aber dann, mitten in der Nacht, während Lilly sich in ihrem Körbchen zusammengerollt hatte, kam aus ihrem kleinen Katzenmaul ein deutliches:

„Wuff… wuff… miau?“

Oma ließ beinahe ihre Stricknadeln fallen. „Was zum Henker war das?!“

Egon saß grinsend auf dem Regal. „Oh, das? Das ist eine Nebenwirkung.“

„Nebenwirkung?!“ rief Opa.

Egon zuckte mit seinen flauschigen Schultern. „Meine Anwesenheit kann… naja, Dinge verändern. Zeit, Raum, Realität… das Übliche halt.“

Während die Familie noch mit offenem Mund dastand, schnarchte Lilly weiter – und bellte leise im Schlaf.

Doch das war erst der Anfang.

 

Am nächsten Tag saß Opa Werner am Frühstückstisch, als sein Kaffee schwebte.

„Was zum…?“ Er griff nach der Tasse, aber sie schwebte sanft in der Luft, als hätte sie beschlossen, sich einfach nicht mehr an die Gesetze der Physik zu halten.

Egon saß auf dem Fensterbrett und beobachtete das Spektakel mit sichtlicher Zufriedenheit. „Jaaa… das kommt manchmal vor. Gravitation ist so überbewertet.“

Oma verdrehte die Augen. „Egon, du kannst hier nicht einfach ALLES auf den Kopf stellen!“

Egon grinste. „Warum nicht?“

Während sie noch mit dem flauschigen Anarchisten diskutierten, versuchte Opa, seinen Kaffee mit einer Gabel vom Tisch zu angeln. Lilly lag unterdessen zusammengerollt auf dem Teppich und murmelte im Halbschlaf: „Wuff… Wuff… Miau…“

Es war offiziell: Das Haus war nicht mehr normal.

In den nächsten Tagen spitzte sich das Chaos weiter zu. Plötzlich konnte Egon fliegen – allerdings nicht besonders gut. Mit einem Büschel seines eigenen Fells als Propeller sauste er durchs Wohnzimmer und rief begeistert: „FLUUUUGMODUS!“ – bevor er kopfüber in die Zimmerpflanze krachte.

Dann begannen die Kühlschrankmagnete, mit einander zu flüstern, und der Toaster schien plötzlich eine Meinung über Wetterberichte zu haben.

„Egon, das reicht!“ rief Oma schließlich. „Wir müssen Regeln aufstellen!“

Egon legte den Kopf schief. „Regeln? Ooooh, du meinst so wie: ‚Kein Hypnotisieren der Katze‘?“

Opa verschränkte die Arme. „Exakt.“

Egon das Kuscheltier
Kuscheltier von hinten mit Kapuze
Kuscheltier mit Gutenachtgeschichte

„Und kein Teleportieren ins Bad, wenn jemand gerade duscht?“ fügte Oma hinzu.

Egon grummelte. „Spielverderber.“

„Und keine schwebenden Kaffeetassen mehr!“ sagte Opa.

„Aber das war Kunst!“ protestierte Egon.

Doch Oma blieb hart. „Egon, wenn du hierbleiben willst, musst du dich an ein paar einfache Regeln halten.“

Egon seufzte theatralisch. „Na gut… aber ich behalte die fliegenden Goldfische.“

„Welche fliegenden Goldfische?“ fragte Opa misstrauisch.

In diesem Moment schwebte ein leuchtend orangefarbener Fisch langsam durch die Küche, blubberte fröhlich und landete sanft in der Blumenvase.

Oma schloss die Augen. „Ich brauche einen Tee.“

Und so lebten Egon, Lilly, die bellende Katze, und die restliche Familie weiterhin zusammen – in einem chaotischen, flauschigen Universum, in dem nichts so war, wie es sein sollte.

Aber genau deshalb wurde es auch nie langweilig.

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